Tradition nach Maß: Dirndl aus Rankweil

Über Jahrzehnte gehörte ein maßgeschneidertes Dirndl zur Garderobe vieler Rankweilerinnen. Eine junge Damenkleidermacher-Meisterin nimmt heute in ihrem Atelier in Rankweil diesen Faden wieder auf.

Als „Austrian Look“ war das österreichische Dirndl ab den 1950er-Jahren in aller Welt bekannt. Was jedoch nur wenige wussten: Viele der Baumwollstoffe, die bei den damals bekanntesten Dirndlherstellern Österreichs für die Schürzen und Röcke verwendet wurden, hatten ihren Ursprung in der Spinnerei Rankweil. Hier wurde die Baumwolle für die Schürzen und Röcke gesponnen und später in darauf spezialisierten Betrieben in Dornbirn bedruckt. Bis in die 1980er-Jahre wurde nicht zuletzt deshalb auch in Rankweil gerne Dirndl getragen: bei festlichen Anlässen genauso wie in manchen Branchen bei der Arbeit. Wer sein Dirndl nicht selbst nähen konnte oder wollte, konnte sich an eine der damals zahlreichen Dirndlschneider*innen im Land wenden. Doch dann wurde es ruhig um die Trachtenmode im Ländle – bis in den 2000ern dank Wiesn & Co Dirndl und Lederhose auch hier ihr Comeback feierten.

Das Handwerk kehrt zurück
Dirndlschneider*innen gibt es heute kaum mehr in Vorarlberg. Eine der wenigen, die sich auf maßgeschneiderte Dirndl spezialisiert hat, ist Damenkleidermacher-Meisterin Valentina Entner. Seit zwei Jahren hat die 31-Jährige ihr Atelier in Rankweil und fertigt hier individuelle Dirndl nach traditioneller Machart. Gelernt hat die gebürtige Seewalchnerin bei den großen Namen der Trachtenmodenbranche: Nach der Lehre bei Tostmann Trachten in ihrem Heimatort am Attersee besuchte sie die Meisterklasse in der Herbststraße in Wien. Anschließend machte sie Station bei Lena Hoschek, wo sie ihr Handwerk drei Jahre lang verfeinerte. Mit ihrer Familie zog Valentina 2020 schließlich nach Rankweil und wagte hier nach der Babypause den Sprung in die Selbstständigkeit.

Mit Liebe zum Detail
Valentina Entners Dirndl sind so vielfältig wie ihre Kundinnen. Was sie verbindet, ist die Handwerkskunst, wie man sie heute nur noch selten findet. Bei den handgenähten Herzerlrüschen zum Beispiel oder beim Handzug, der der Taille schmeichelt und den Rock aus Leinen oder Baumwolle elegant fallen lässt. Diese Arbeiten von Hand mache ich besonders gerne“, bringt Valentina ihre Liebe zum Detail zum Ausdruck. Auch der Saum und die traditionelle Haken- oder Knopfleiste vorne am Mieder näht Valentina von Hand, denn „ein traditionelles Dirndl hat keinen Reißverschluss.“

Ein Kleidungsstück fürs Leben
40 bis 50 Arbeitsstunden sind da schnell investiert. Dafür ist ein handgefertigtes Dirndl ein Kleidungsstück fürs Leben. „Zwei Kleidergrößen mehr oder weniger wächst ein Maßdirndl problemlos mit“, plaudert die Damenkleidermacher-Meisterin aus dem Nähkästchen. Mit unterschiedlichen Schürzen lasse sich ein und dasselbe Kleid zudem dem Anlass entsprechend immer wieder neu kombinieren. Zwei bis drei Monate dauert es vom Erstgespräch bis zum fertigen Dirndl. Dazwischen ist in der Regel nur eine Anprobe notwendig. 

So ein Dirndl nach Maß hat natürlich seinen Preis. Mit etwas Geschick und Valentinas Unterstützung kann man jedoch auch heute wieder lernen, was so manche Rankweilerin in den 1950er-Jahren noch konnte: ein Dirndl selbst nähen. Die Damenkleidermacher-Meisterin gibt Nähkurse für Anfänger*innen und Fortgeschrittene, beispielsweise im Schlosserhus.

erstellt von Beatrix Spalt veröffentlicht 15.09.2023