Eingewöhnung – Muss das sein?

JA!

Der Übergang aus der Familie in die noch unbekannte Kinderbetreuung bedeutet für jedes Kind eine große Herausforderung für seine Fähigkeit, sich an neue Umgebungen anzupassen und Beziehungen zu fremden Personen aufzubauen. Während der ersten Zeit ist das Kind mit unbekannten Räumen, fremden Erwachsenen und anderen Kindern konfrontiert. Es muss sich an neue Situationen, einen veränderten Tagesablauf und an die mehrstündige Trennung von den Eltern gewöhnen. Die neue Umgebung fordert dem Kind Lern- und Anpassungsleistungen ab, die auch für ältere Kinder mit erheblichem Stress verbunden sein können.

Zwar sind auch sehr kleine Kinder durchaus in der Lage, sich an neue Umgebungen und Situationen anzupassen, aber:  Sie sind überfordert, wenn sie diese Umstellung ohne Unterstützung der Eltern bewältigen müssen! (Quelle: „Die ersten Tage“ Laewen, Andres, Hédervári)

Deshalb sehen wir, die Kleinkindbetreuung des Kinder- und Familientreff Bifang, es als festen Bestandteil unseres pädagogischen Konzepts, die Kinder bestmöglich in die neue Situation einzugewöhnen.

Als pädagogische Grundlage halten wir uns an das Münchner und Berliner Eingewöhnungsmodell.

QUALITÄTSVORAUSSETZUNGEN FÜR DIE EINGEWÖHNUNG 

  • Elternbegleitet
    • Kinder erleben weniger sozialen Stress
    • Eltern haben das Gefühl beim Übergang aktiv und sichernd dabei zu sein
    • Eltern geben den Bezugsbetreuern*innen einen Vertrauens-Vorschuss, dessen Umsetzung sie zuvor erleben sollen
    • Eingewöhnung ist der erste gemeinsame Erfolg der startenden Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Pädagog*innen
  • Bezugspersonenorientiert
    • Betreuungskontinuität, ein/e Betreuer*in gewöhnt das Kind ein
    • Während der Eingewöhnung muss die Bezugsperson da sein
  • Abschiedsbewusst
    • Niemand geht ohne Abschied
    • Klare Trennung mit Rückkehrversprechen
    • Eindeutiges Wegsein und Wiederkommen
    • Inneres Einverständnis in die neue Situation
    • Eltern sollen dem Kind die Sicherheit geben, dass es für sie in Ordnung ist und sie dem Kind die Situation zutrauen (Quelle: G. Haug-Schnabel, www.verhaltensbiologie.com)

EINGEWÖHNUNGSMODELL

Unsere Eingewöhnung lehnt sich an das Berliner und Münchner Modell an. Jedoch sollte jede Eingewöhnung individuell gestaltet werden, da jedes Kind individuell ist und andere Bedürfnisse hat.

Die Eingewöhnung ist ein Prozess zwischen Elternteil, Kind, Betreuer*in und dem Umfeld.

Ablauf anhand der 5 Phasen

1. Vorbereitungsphase

Es findet ein Erstkontaktgespräch statt. Die Bezugsbetreuer*in wird über die Gewohnheiten des Kindes, die Einstellungen und Erwartungen gegenüber der Einrichtung informiert. Es findet ein erster Kontakt zwischen Bezugsbetreuer*in, Kind und Elternteil statt.

2. Kennenlernphase

Das Kind besucht mit dem Elternteil die Einrichtung, um den Alltag kennenzulernen. In Anwesenheit der Eltern kann es in Ruhe die Abläufe beobachten und nach seinem eigenen Tempo erkunden. Dies wird wiederholt, damit es die Abläufe lernt zu verstehen. In dieser Phase findet kein Trennungsversuch statt.

3. Sicherheitsphase

Durch den intensiven Kontakt und den Austausch mit den Eltern, sowie die Beobachtung des Kindes weiß die Bezugsbetreuer*in, welche Bedürfnisse das Kind hat und kann nun darauf reagieren. Sie tritt nun aktiv in Beziehung mit dem Kind. In dieser Phase werden nun auch die anderen Kinder mit einbezogen. Der Elternteil ist in dieser Phase die sicher „Basis“ für das Kind, er verhält sich passiv. Er/Sie nimmt einen Platz im Raum ein der gut sichtbar für das Kind ist. Wenn das Kind Kontakt mit dem Elternteil sucht wird auf das Bedürfnis des Kindes eingegangen. Durch diesen Prozess kann ein Vertrauensverhältnis zwischen Bezugsbetreuer*in und Kind entstehen.

4. Vertrauensphase

Durch das miterleben des Alltags, spürt das Kind, dass die Grenzen die gesetzt werden nicht willkürlich sind. Es lernt, dass es eine Gemeinschaft gibt, die von Erwachsenen geleitet und von den Kindern mitgestaltet wird. Wenn das Kind seinen Explorationsspielraum erweitert und aktiv in Interaktion mit der Betreuer*in tritt, kann ein Trennungsversuch stattfinden. Eine Verabschiedung muss stattfinden und darf nicht zu lange sein. Wichtig ist dabei das Abschiedsritual. Auch ein Übergangsobjekt ist hierbei sehr hilfreich. Beim Abschied kann und darf das Kind seine Emotionen offen zeigen. Entscheidend ist hierbei, ob es sich von der Bezugsbetreuer*in trösten lässt. Wichtig ist, dass die Eltern und Betreuer*innen gut zusammenarbeiten und die vereinbarten Zeiten eingehalten werden. Wenn der Trennungsversuch „geglückt“ ist, kann die Zeit in der der Elternteil anwesend ist verkürzt und die Zeit in der das Kind alleine bleibt verlängert werden.

5. Auswertung und Reflexion

Wichtig während der ganzen Eingewöhnungszeit ist ein regelmäßiger Austausch zwischen Betreuer*in und dem Elternteil. Wenn sich das Kind gut in der Einrichtung eingelebt hat, findet abschließend noch ein Elterngespräch über die Eingewöhnungszeit statt.

erstellt von Stefanie Kollmann-Obwegeser veröffentlicht 22.03.2022, zuletzt geändert 06.03.2024