Eisiger Jungbrunnen

In der neuesten Ausgabe von Rankweil Extra stellt das Redaktionsteam den Leser*innen ein außergewöhnliches Eistanzpaar vor: Edeltraud Gohm (77 Jahre) und Friedrich Lang (79 Jahre).

Edeltraud Gohm und Friedrich Lang aus Rankweil sind keine Senior*innen im üblichen Sinn. Sie gehören zu einer Handvoll Menschen in Vorarlberg, die in ihrer Freizeit auf dem Eis tanzen. Oft sind sie auf dem Eislaufplatz Gastra anzutreffen und zeigen dort gerne auch mal kleinen Fans die eine oder andere Eistanzfigur.

"Komplexe Schritte und emotionaler Ausdruck"
Seit 1976 ist Eistanzen eine Olympische Disziplin. Nur vier Jahre später – also 1980 begann Edeltraud mit dem Eistanz, einem Hobby, dem sie bis heute treu geblieben ist. „Eistanzen ist die detailreichste und komplexeste Disziplin im Eissport. Dafür braucht es eine gute Abstimmung der Partner und eine enge Körperhaltung”, erklärt Edeltraud und ergänzt: „Nur in seltenen Fällen sind große Abstände zwischen den Partnern vorgesehen. Auch Sprünge sind bis auf wenige Ausnahmen untersagt. Bei unserem Hobby geht es vor allem um komplexe Schritte, Originalität und emotionalen Ausdruck. Ein ideales Hobby also für die ältere Generation.”

Die Eislaufschuhe beim Eistanz entsprechen beinahe jenen des Kunsteislaufens. „Die Kufen haben gleich viele Zacken wie beim Eiskunstlaufen, sie sind aber etwas dünner”, erklärt Friedrich. Seine Vorliebe für den Eissport erkennt man schon von weitem an zwei goldenen Schlittschuhen, die an einer Kette seinen Hals zieren. „Bei dieser Sonderanfertigung war mir wichtig, dass es zwei Schlittschuh-Anhänger sind. Das steht symbolhaft für das Eistanzen – das ist auch nur im Doppelpack möglich.”

Training auf der Gastra 
In Vorarlbergs Eislaufvereinen ist laut Edeltraud eine gewisse Tendenz zur Verdrängung kleiner Sektionen wie des Eistanzens spürbar: „Wir bekommen immer öfter Randzeiten fürs Training zugewiesen, die sonst niemand beansprucht. Derzeit haben wir nur noch eine Trainingsstunde in der Eishalle Feldkirch am Samstag um 7.15 Uhr. Alle anderen Zeiten sind vom Eishockey und vom Kunsteislauf besetzt. Das vergrault natürlich viele. Bisher gab es noch 18 aktive Eistänzer* innen in Vorarlberg – mittlerweile sind wir nur noch zwölf ”, bemerkt sie und Friedrich ergänzt: „Während der Publikumslaufzeiten können wir nicht trainieren – vor allem das Rückwärtsfahren wäre viel zu gefährlich. Auf dem Eislaufplatz Gastra ist man uns aber sehr gut gesonnen. Da dürfen wir manchmal auch aufs Eis, wenn beispielsweise Schulklassen zu Gast sind. Die Kinder bleiben meist in der Gruppe und da können wir nebenbei gut trainieren.”

Edeltraud freut sich stets, wenn sie auf ihr Können angesprochen wird: „Oft sehen Kinder unsere Bewegungen und möchten das auch können. Dann nehme ich mir gerne ein paar Minuten Zeit und zeige etwas vor.” An Wettbewerben nehmen die beiden nicht mehr teil, an Schaulaufen aber sehr wohl. Auch wenn es dort über die Jahre hinweg deutliche Änderungen gegeben hat, so Friedrich: „Früher gab es einen Walzer, heute kennt man sich vor lauter Unterarten gar nicht mehr aus. Da ist es umso wichtiger, dass man mit der Partnerin oder dem Partner ein eingespieltes Team ist.” Trainiert wird jedoch keineswegs immer in der gleichen Zusammenstellung: „Das ist ganz ähnlich wie beim Parketttanzen – dort wechseln die Tanzpartner* innen ja auch immer wieder mal”, sagt Edeltraud und betont: „Wichtig ist, dass man mit der Partnerin oder dem Partner sicher fahren kann.”

"Eistanzen eignet sich auch für ältere Semester"
Etwas wehmütig zeigt sich Friedrich bei der Frage nach Nachwuchssportler*innen: Früher gab es sogar noch eine Sektion des synchronen Eislaufens mit acht Mädchen – das ist aber schon lange her. Viele hören in der Pubertät mit dem Eislaufen auf. Auch die Stigmatisierung von Jungs, die sich für Kunsteislauf oder Eistanzen interessieren, gibt es immer noch. Umgekehrt ist es beim Eishockey mit den Mädchen. Da würde ich mir für die Zukunft etwas mehr Toleranz wünschen.” Dabei müsste der Nachwuchs gar nicht jugendlich sein. Eistanzen eignet sich auch für ältere Semester, meint Edeltraud: „Auch mit 50 oder 60 kann man noch etwas Neues beginnen. Es braucht zwar vielleicht länger bis man etwas lernt, aber dafür ist man dann umso stolzer und die Musik, die frische Luft und die Bewegung machen einfach glücklich.” 

Friedrich findet ähnliche Worte: Wir Eistänzer haben Gefühl, wir bewegen uns im Fluss und lieben die Ästhetik. Selbst wenn ich mit einer völligen Anfängerin tanze, bewegt sie sich nach kurzer Zeit im Takt der Musik, die Bewegungen werden automatisch fließend. Für mich steht das Eistanzen sinnbildlich für viele andere Bereiche im Leben: Es geht immer darum, sich auf jemand anderen einzulassen und gemeinsam ein unverwechselbares Spurenbild zu hinterlassen.”

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erstellt von Beatrix Spalt veröffentlicht 02.12.2022